„Die Umwege des Lebens führen zur Weisheit des Alters“
Freiheit - das Höchste Gut des Menschen, so banal und doch so schwer zu erreichen. Kostbare Rarität und unbezahlbar. Höchste Kunst des Lebens.
Freiheit - im Willen, im Denken, im Sein – Einst der Ursprung unserer Existenz. Längst vergessen, getreten, überschattet .
Freiheit – Bittersüße Sehnsucht. Sehnsucht – nach was eigentlich?
Freiheit?
Wunderschön golden glänzen die Käfige der Sicherheit, das Schicksal bereits besiegelt, dressiert, designed und aufgezogen für ein geplantes Theater mit System. Gut versorgt, gemästet, aber die Flugmuskeln steif geworden. Liebevoll beredet und berieselt, jedoch das Zwitschern der Seele leise geworden oder gar verstummt. Die Kehle vertrocknet, direkt vorm Trog voller Wasser. Gekrault, gestreichelt, mit Liebe erdrückt oder voller Schmerz gedemütigt. Die vielen Spiegel zeigen das traurige Abbild der Seele, irre geworden vom ewigen hin und her von einem Stängchen zum anderen und seelenlosen Dialogen mit Gefährten aus Plastik … bis die Beinchen schließlich den Halt verlieren und leise fallen. … Zeit für ein neues Vögelchen, ein neues Spielzeug, vom Schicksal des vorherigen Käfigkumpels – m/w/d - nichts mehr zu sehen. Und das Spiel beginnt von vorne...
Doch eines Tages, da öffnet jemand die Türe. Was machst du? Bleibst du oder breitest du deine Flügel aus?
Freiheit ist eine hohe Kunst, die völlig neu gelernt werden muss. Sie ist zuweilen die Sehnsucht nach der alten Sicherheit. Freiheit macht auch Angst. Alles muss neu gelernt und trainiert werden. Muskeln, Sinne, Stimme, Selbstvertrauen. Freiheit ist auch manchmal eine Bruchlandung ohne Netz und doppelten Boden. Der Schrei nach Mama und Papa – Hunger, Pipi, kalt…
Aber Freiheit ist auch Leidenschaft und Herzblut. Der Wunsch nach immer mehr davon, wenn aus dem Üben eine Melodie wird, die ganz eigene Melodie, die vom Potenzial der Seele singt. Sie singt von allergrößtem Mut, sich zu erlauben, Selbst zu sein, Einzigartig und wertvoll. Sich der großen Angst vor dem eigenen Licht und seinen hervortretenden Schatten zu stellen und der Verantwortung, die damit verbunden ist.
Denn Freiheit ist auch erdrückend, weil sie fordert. Mut und Wahnsinn. Hungrig nach Verantwortung und höchster Ethik. Eine Ethik, die nicht in zahllosen Gesetzen niedergeschrieben ist, sondern auf dem Boden der natürlichen Gesetze des Lebens entspringt. Sie ist schwer zu erreichen, auch wenn die Tür offen ist. Denn ihre Kunst steht nicht in Büchern, sie muss mühevoll erlernt werden. Schritt, für Schritt, für Schritt... Nicht selten aus Bruchlandungen, Scheitern und Fehlern.
Freiheit tötet Sündenböcke. Sie wars, er wars, es wars, das Schicksal wars gibt es dann nicht mehr. Nur noch – Ich wars. Denn kein anderer kann dein Leben leben, außer du selbst. Im Gegenzug aber nimmt sie dir auch die Bürde, Last und Rucksack anderer zu tragen, das ist weder notwendig noch sinnvoll. Es ist das aufrechte Stehen zu sich Selbst, zu den eigenen Entscheidungen und seinen Folgen, die beglückend wie absolut frustrierend sein können. Die Nulllinie einer Bruchlandung ist bitter. Und doch werden auch mitten im Schmerz und den Tränen des Hinfallens neue Ideen geboren, während sich die Energien neu strukturieren. Doch man muss es zulassen. Das Geheimnis des Lebens ist die Annahme des Scheiterns, aus welchem Grund auch immer, und das Aufstehen nach dem Fallen.
Freiheit ist das duale Spiel zwischen der eisernen Disziplin, etwas durchzuziehen, Energien halten und dem Loslassen in der heiligen Narredei, einer ordentlichen Portion Humor – sei es auch manchmal Galgenhumor - dem fröhlichen Tanz des Lebens selbst. Zwischen panischer Angst und Urvertrauen. Freiheit ist der Sprung ins eiskalte Wasser, wo dir die Zähne klappern und das Herz für einige Momente still steht, bis du es wagst, wieder zu atmen. Freiheit ist auch das Bewusstsein für die eigenen Grenzen – wann wahre ich sie, wann überschreite ich sie um mich weiter zu entwickeln.
Freiheit im Außen beginnt mit der Freiheit im Innen. Und Freiheit im Innen mit dem Wissen um die eigene Identität, dem Bewusstsein für seine Fähigkeiten, Potenziale und auch seine Schatten. Das hat nichts mit pathologischem Ego oder gar blendender Zentrik zu tun. Nur wenn man sich selbst kennt und von seiner Existenz weiß, kann man auch Verantwortung dafür übernehmen und in Freiheit aus sich selbst handeln. Denn dann verliert ein chaotisches Außen die Macht über den eigenen Willen. Konkurrenzdenken verschwindet und die Kraft der eigenen Schöpfung bahnt sich ihren Weg.
Was willst du nun? Freiheit? Oder Sicherheit?
© Die Götterbotin